Spiele der Schande

Heute beginnen die Olympischen Spiele in Peking und ich werde die Spiele als Zuschauer boykottieren. Ich bin sportbegeistert, aber alles hat seine Grenze – und die ist mit dem ausrichten von Sportwettbewerben in Diktaturen weit überschritten.

Nun könnte man argumentieren, Sport sei nicht politisch. Das hat so noch nie gestimmt und gerade heute kann es nicht falscher sein. In Zeiten des kalten Krieges wurde der Sport auf beiden Seiten immer wieder für politische Zwecke missbraucht, deswegen spricht man auch von sportpolitischen Entscheidungen.

Du kannst auch argumentieren, dass wir mit einem Boykott nur den einzelnen Sportlern schaden würden – und damit hast Du sicherlich recht. Es hilft aber nichts. Wir können nicht menschliches Leid mit einer sportlichen Frustration gleichsetzen. Die jetzige Generation der Sportler*innen ist leider eine verlorene. Schon durch die Pandemie konnten viele ihre Leistungen nicht abrufen und tolle Veranstaltungen wurden abgesagt. Aber mitten in einer Pandemie Olympische Spiele in einem autoritären Land zu veranstalten, kommt den Sportlern nicht zu Gute. Die „Jugend der Welt“ wird dieses Jahr nur in ihrer „Blase“ zusammenkommen – also nicht gemeinsam die Spiele erleben. Es wird keinerlei Austausch zwischen den Sportarten geben. Also warum das alles?

Viele Sportler*Innen sind jetzt schon in Quarantäne und werden anscheinend ihre Wettbewerbe verpassen. Was ist dann am Ende eine Medaille noch wert? Der Olympiachef Thomas Bach hat in einem Interview gesagt, dass die Olympischen Spiele in Asien für einen weltweiten Umsatzplus im Wintersport sorgen werden. Gerade Schneeraupen, Schneekanonen, Gondeln usw. würden für viel Gewinn sorgen. Deutlicher kann man nicht sagen, wofür Olympia heute steht: für eine sinnlose Klima- und Umweltschädigung, für Gewinnmaximierung und gegen Menschenrechte.

Nicht nur weil ich es völlig hirnrissig finde, dass für ein paar Tagen Sport die Natur und Umwelt zerstört wird und auch diesmal kein nachhaltiges und dauerhaftes Projekt daraus entstehen wird, sondern gerade weil sich die Menschenrechts Situation der Tibeter, Uiguren und Mongolen immer weiter dramatisch verschlechtert und auch die Menschenrechte in Hongkong sprichwörtlich mit den Füßen getreten werden. Hier macht sich das Olympische Komitee zu einem Komplizen eines menschenverachtenden Systems.

Ich war vor 33 Jahren das letzte Mal in China. Wir gehörten zur ersten großen Reisegruppe, nach dem Niederschlagen der Demonstrationen auf dem Tian’anmen-Platz. Als wir in Peking ankamen, haben wir eine tief ängstliche, schockierte und überwachte Stadt angetroffen. China konnten wir etwas mehr kennenlernen, als wir weiter in den Süden reisten. Übrigens, von der Maueröffnung in Deutschland haben wir erst viele Tage später erfahren.

Mein Vorschlag für die Zukunft: Warum werden die Spiele nicht alle 4 Jahre an verschiedenen Orten, den einzelnen Sportarten und vorhandenen Sportstätten angepasst, veranstaltet. Das olympische Jahr könnte an vielen Orten mit den Sommer- und Winterspielen von Frühjahr bis Winter stattfinden.

Und auch die nächste Krise steht bevor. Nach den Winterspielen in Sotschi hat Russland die Krim annektiert. Heute rüstet China immer weiter im asiatischen Raum auf und bedroht Taiwan in seiner Freiheit. Viele Regierungen und Politiker werden offen von China erpresst. Hier dürfen wir nicht unsere Augen verschließen und so tun, als ob der chinesische Drache nur brüllen würde. Auch wenn mein kleiner Boykott keine Auswirkungen haben wird, möchte ich kein Teil dieses menschenverachtenden Systems sein. Das gilt übrigens nicht nur für die Olympischen Spiele in Peking, sondern auch für die FIFA-Weltmeisterschaft 22 in Katar.

#Beijing2022

#FreeTibet

#FreeUyghur

#FreeHongKong

#FreeTaiwan#noOlympia

Tibeter protestieren gegen Peking als Austragungsort der Olympischen Winterspiele. Foto: dpa/Martial Trezzini: https://rp-online.de/sport/olympia-winter/olympia-2022-tibeter-demonstrieren-vor-ioc-sitz-gegen-spiele-der-schande-in-peking_aid-65929241